Mapal: Dr. Jochen Kress zum Thema E-Mobilität

2021-12-17 02:58:40 By : Ms. Cheng Judy

mav: Wie reagieren Sie bei Mapal auf den Wandel der Antriebstechnik und die Entwicklung zur E-Mobilität?

Kress: Entwicklungen haben für uns als Unternehmen schon immer einen hohen Stellenwert. Deshalb haben wir uns auch mit E-Mobilität beschäftigt, bevor es konkrete Anfragen unserer Kunden gab. Unser zukunftsorientiertes Handeln hat sich bewährt. Heute fühlen wir uns für die Anforderungen der E-Mobilität sehr gut gerüstet und haben für eine Vielzahl von Bearbeitungssituationen bereits eine passende Werkzeuglösung im Angebot.

Aber waren Sie nicht überrascht, mit welcher Geschwindigkeit die E-Mobilität europaweit umgesetzt werden soll?

Kress: Natürlich war und ist für uns auch nicht vorhersehbar, in welchem ​​Ausmaß, mit welcher Geschwindigkeit und zu welchem ​​Zeitpunkt sich die E-Mobilität in welcher Region durchsetzen wird. Aber es war für uns absolut klar, dass es kommen würde. Grundsätzlich sind wir auf die Bearbeitung von Antriebskomponenten für die Automobilindustrie spezialisiert und werden diese Kernkompetenz auch in Zukunft weiter ausbauen.

Die Elektromobilität wird die Anzahl der zu bearbeitenden Bauteile gegenüber einem Verbrennungsmotor deutlich reduzieren. Wie werden Sie auf diesen Rückgang bei Mapal reagieren?

Kress: Es stimmt, dass die Anzahl der zu bearbeitenden Bauteile pro Antrieb abnimmt. Dadurch wird auch der Bearbeitungsumfang und damit auch der Werkzeugverbrauch reduziert. Es gibt aber auch gegenläufige Entwicklungen. Einerseits verweisen manche Quellen noch auf Studien, die heute gut zehn Jahre alt sind. Seitdem hat sich in der Entwicklung von Elektromotoren viel getan. Dadurch sind auch die Antriebseinheiten komplexer geworden und die Bauteile erfordern eine höhere Präzision bei der Bearbeitung. Damit ist der Anteil der mechanischen Fertigung dieser Bauteile gestiegen.

Andererseits betrachteten sie die damaligen Bearbeitungsvorgänge pro Antriebseinheit. Die Anzahl der verbauten Antriebseinheiten wurde dabei komplett vernachlässigt. Bei der heutigen Technik werden jedoch beispielsweise in Allradfahrzeugen zwei Elektromotoren verbaut. Leistungsstarke Elektrofahrzeuge verfügen zudem häufig über zwei Antriebseinheiten.

Auch die Stückzahlen in der gesamten Automobilindustrie muss man im Blick behalten. Denn das ist letztlich das wichtigste Kriterium, wenn man das zukünftige Marktvolumen der Zerspanung in der Antriebstechnik einschätzen will.

Wie werden sich Ihrer Meinung nach die Produktionszahlen bei den OEMs entwickeln?

Kress: Es gibt ganz unterschiedliche Vorhersagen. Wenn die Zahlen aus der letzten Studie des VDMA, die gemeinsam mit FEV Consulting durchgeführt wurde, stimmen, dann würde dies für Mapal bedeuten, dass wir in diesem Bereich bis 2030 bei gleichen Marktanteilen leicht zulegen werden. Die Zahlen aus der aktuellen VDMA-Studie sind die bisher detailliertesten, weshalb diese Studie eine gewisse Aussagekraft hat. Vor allem aber wird deutlich, dass die Bearbeitung nicht beim Verbrennungsmotor endet.

Natürlich darf man beim Thema E-Mobilität nicht unterschätzen, dass alle Entwicklungen in diesem Bereich stark von der Politik beeinflusst werden. E-Mobilität ist noch nicht selbsttragend und noch stark vom Fördertropf abhängig.

Gibt es regionale Unterschiede bei der Einführung der E-Mobilität?

Kress: Europa ist für mich im Moment am schnellsten was die Entwicklung angeht. Die EU ist meiner Meinung nach auch hier der stärkste Treiber. China hat noch einen Vorsprung, aber Europa holt schnell auf.

Wie sehen Sie die Chancen für Hybridfahrzeuge?

Kress: Ob sich Hybridfahrzeuge durchsetzen können, hängt zum einen von den Entwicklungen in der Batterietechnologie und zum anderen, was noch wichtiger ist, von der Förderung ab. Da derzeit nur Plug-in-Hybrid-Autos gefördert werden, werden dadurch alle anderen Konzepte stark benachteiligt – auch wenn die anderen Hybridkonzepte im Realbetrieb einen sehr geringen Verbrauch aufweisen können. Es gibt zum Beispiel Fahrzeuge der Kompaktklasse, die nur 4 bis 4,5 Liter auf hundert Kilometer verbrauchen. Da diese Fahrzeuge jedoch nicht vom Staat subventioniert werden, werden sie voraussichtlich schnell vom Markt verschwinden.

Die Brennstoffzelle ist ein weiterer Energieträger für die Mobilität der Zukunft. Wie sehen Sie die Marktchancen für solche Fahrzeuge?

Kress: Ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle ist im Grunde ein E-Fahrzeug mit zwei Energiespeichern: einer kleineren Batterie und einem Wasserstofftank. Auch für den Wasserstoff ist ein aufwendiges Tanksystem erforderlich. Daher ist die Brennstoffzelle aus meiner Sicht für kürzere Fahrten von etwa 100 bis 200 Kilometer eher ungeeignet.

Wir reden auch ständig über E-Mobilität, ohne die absolute Menge an verfügbarer elektrischer Energie zu diskutieren. Mobilität steht in Zukunft in direkter Konkurrenz zu anderen Anwendungsfeldern, in denen Strom verstärkt als Energieträger genutzt werden soll, wie beispielsweise der Einsatz von Wärmepumpen zum Heizen. Bleibt also die Frage: Haben wir überhaupt genug Strom, um Wasserstoff zu erzeugen? Oder ist es nicht effizienter, die Energie direkt zu nutzen? So gesehen spricht vieles für rein batteriebetriebene Fahrzeuge.

Was ich mir aber zunächst als Brückentechnologie vorstellen kann, ist die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger, um ihn direkt in Lkw-Motoren zu verbrennen.

Zukünftig wird es trotz der Fokussierung auf E-Mobilität in der öffentlichen Diskussion zumindest als Brückentechnologie auch andere Anwendungsszenarien geben, in denen Brennstoffzellen und E-Fuels der batteriebetriebenen E-Mobilität überlegen sind. Aus meiner Sicht macht es wenig Sinn, eine Batterie in einen Traktor einzubauen, der zehn Stunden Leistung liefern muss. Für andere Anwendungen als die Individualmobilität auf Kurz- und Mittelstrecken wird daher immer abzuwägen sein, welche Technologie für diese Anwendungsfelder am besten geeignet ist.

Wird E-Mobilität in Zukunft die vorherrschende Mobilitätsform im Autobereich sein?

Kress: Da bin ich mir sicher. Der Antrieb der Zukunft wird elektrisch sein. Bleibt nur die Frage, wie der Energiespeicher aussehen wird.

Wie unterscheiden sich die Komponenten für die E-Mobilität von denen konventioneller Verbrennungsmotoren?

Kress: Bei vielen Komponenten kann man zwischen konventionellen und elektrischen Komponenten gar nicht so viel unterscheiden. Ein Statorgehäuse beispielsweise ist einem Getriebegehäuse nicht unähnlich. Grundsätzlich haben wir es beim Thema E-Mobilität vor allem mit Bauteilen aus Aluminium zu tun. Die klassischen Stahl- und Gusskomponenten wie Pleuel, Kurbelwelle oder Kolben wird es in Zukunft nicht mehr geben.

Für den Automobilbereich sind Strukturbauteile wie der Batterieträger hinzugekommen. Bei deren Verarbeitung haben wir uns gefreut, dass unsere Luftfahrtexperten ihr Know-how einbringen konnten, welche Besonderheiten bei dünnen Stegen zu beachten sind und wie Schwingungen vermieden werden können. Bei diesen scheinbar neuen Komponenten können wir oft von dem spezifischen Branchen-Know-how hier im Haus profitieren.

Eine der wichtigsten neuen Anforderungen ist die Geräuschentwicklung. Da es bei Elektrofahrzeugen keine Verbrennungsgeräusche gibt, sind selbst leiseste Geräusche bei niedrigen Geschwindigkeiten zu hören. Insbesondere Zahnräder müssen daher sehr präzise bearbeitet werden. Aber auch bei bisher geräuschmäßig unauffälligen Bauteilen wie Achsgelenken müssen wir nun auf jegliche Geräuschentwicklung achten. Für eine höhere Bauteilpräzision spricht auch, dass die Reibung reduziert wird und dadurch die Reichweite der Fahrzeuge erhöht werden kann.

Mit den Komponenten für die E-Mobilität lassen sich neuerdings auch Teile mit ganz neuen Dimensionen bearbeiten. Müssen die Lieferanten dafür neue, größere Maschinen kaufen?

Kress: Wir von Mapal haben für diesen Fall Werkzeuglösungen im Angebot, mit denen Sie beispielsweise eine Statorbohrung mit einer HSK-63-Maschine präzise bearbeiten können. Diese können meist auf den bestehenden Maschinen verwendet werden. Auf diese Weise können viele unserer Kunden teure Neuinvestitionen vermeiden. Gerade bei kleineren Stückzahlen sind diese Werkzeuglösungen eine wirtschaftliche Alternative.

Aufgrund der E-Mobilität wurde die bisher geltende Struktur mit den Anbietern verwechselt. Wie macht sich das bei Mapal bemerkbar?

Kress: Die Karten werden derzeit neu gemischt und bisher weniger wichtige Unternehmen rücken in den Vordergrund. Aber für mich ist es vor allem erstaunlich, wer welche Komponenten wo und von wem fertigen lässt. Es geht um die ganze Welt. In dieser neuen Situation hilft uns unser globales Netzwerk umso mehr. Dadurch können wir unseren Kunden an fast jedem Punkt der Welt den gleichen umfassenden Mapal-Service bieten.

Darüber hinaus punkten wir bei unseren Kunden zunehmend mit unserem sehr breiten Verarbeitungs-Know-how. Letztlich liefern wir nicht nur das Werkzeug, sondern eine komplette Bearbeitungslösung. Auf Kundenwunsch liefern wir auch die Geräte oder die Programmierung. Auch diese Dienste werden sehr gut angenommen. So hat sich beispielsweise unser Umsatz im Werkzeugmanagement in den letzten sieben Jahren verdoppelt. Ich bin mir sicher, dass wir mit unserem umfassenden Angebot an Zerspanungslösungen insbesondere im Bereich E-Mobilität weiter Marktanteile gewinnen werden

Mapal Dr. Kress KG www.mapal.com

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